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Jahresende – Zeit für einen Rückblick, findet Valencia CEO Michael Gerber. Was ihn persönlich im 2018 bewegt hat? Komische Vögel, kleine Plastikteilchen und die Kraft nachhaltiger Arbeit. Blicken Sie mit ihm zurück auf ein spannendes Jahr.

CEO und Partner

Learning 1: Vorsicht bei Symbolen

Auch im 2018 schaffen es Tierarten in den gesellschaftlichen Diskurs, so sie denn richtig inszeniert werden. Die Rede ist von einer etwas speziellen Tierart: vom Doppeladler, einer besonders intensiv diskutierten Spezies im vergangenen Jahr, die als Geste jubelnder Fussballer für rote Köpfe gesorgt hat. Gehen wir der Sache mit den Handzeichen darum etwas nach.

Eines der berühmtesten Handzeichen lieferte mein historischer Liebling des 20. Jahrhunderts, Politiker Sir Winston Churchill. Als Kommunikationstalent sah er, wie ein Platz voll mit ausgestreckten rechten Armen wirken konnte. Er verstand auch die Kraft der geballten Faust der Kommunisten. Und er begriff, dass er dem, als letzter Hoffnungsträger der freien Welt, etwas entgegensetzen musste. Ein V für Victory, bestehend aus dem Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand.

Smarterweise steht das V auch für die römische Fünf. Und somit wurde auch ein Audiosignal mitgeboren: Während des Zweiten Weltkriegs gab es zu Beginn jeder Sendung des deutschsprachigen Dienstes der BBC die dreimalige Wiederholung der ersten vier Noten von Beethovens 5. Symphonie.

Tatata taa. Tatata taa.

Beethovens Fünfte: Populär nicht nur im Zweiten Weltkrieg

Genial. Das einzige Kommunikationsmittel der damaligen Zeit, welches die Nationalsozialisten nicht kontrollieren konnten, erhielt als Erkennungsjingle die Schicksalsmelodie eines Urdeutschen-Komponisten. Und damals verstanden alle den Zusammenhang mit der römischen Fünf respektive dem V. Für alle, welche nicht den gleichen kulturellen Background hatten, blieb diese Verschlüsselung natürlich unverständlich. Man merke sich: Ein Symbol funktioniert nur für ein bestimmtes Empfängerpublikum. Für alle anderen ist es einfach das, was es ist. Zum Beispiel eine Hand mit gestreckten Fingern.

Man merke sich: Ein Symbol funktioniert nur für ein bestimmtes Empfängerpublikum.

Genauso verhält es sich mit dem Doppeladler. Der Doppeladler ist für einige wenige Menschen, welche den albanischen Kulturkreis verstehen, ein Zeichen der Einheit, des Widerstandes gegen die dominierende Kraft Serbiens und gegen die Unterdrückung der Albaner. Die albanisch-stämmigen Jungs unserer Nati, deren Eltern zum Teil (bei Xhaka) sogar mehrere Jahre in serbischer Haft verbrachten, waren emotional überwältigt vom solidarischen Auspfeifen des russischen Publikums (das sich aus historischen Gründen den Serben verbunden fühlt); bei jeder Ballberührung von ihnen. Man muss den Jungs zu Gute halten, dass sie sehr wohl gut erzogen waren, und die Hände zu einem Symbol falteten, das dem russischen Publikum, trotz ihrem vorherigen Gepfeife, völlig unverständlich war. Ich glaube den Jungs, dass sie damit ihrer Freude Ausdruck verleihen wollten. Die Freude, ihren Familien die Ehre (zumindest für einen Moment) zurück gegeben zu haben.

Doppelbürger und Doppeladler: das passt doch.

Der Kommentator des Schweizer Fernsehens erklärte das allerdings anders. Das Symbol wurde als eine Geste für die albanische Flagge verstanden, welche mitten in der Schweizer Nati als eine Art fünfte Kolonne gegen die Schweiz errichtet wurde. Für die Schweiz spielen, aber im Herzen Albaner sein. Doch darum ging es gar nie. Bedauernswerter Weise empfand das Fernsehpublikum es aber genau so. Die (sozialen) Medien nahmen den Ball dankend an und entfachten ein übles Spiel neben dem Rasen. Und der Fussballverband stolperte darauf flott in diverse Fettnäpfchen und liess eine unsägliche Doppelbürgerdiskussion vom Stapel. Meine beiden Töchter sind Doppelbürgerinnen. Ein Teil meiner Urgrosseltern waren Doppelbürger. Und meine Nachkommen in der übernächsten Generation werden es vermutlich auch sein. Bei Valencia arbeiten zahlreiche Doppelbürger und solche, die es noch werden wollen. Was soll daran schlecht sein? Leisten diese Leute weniger für unser Land? Doppelbürger und Doppeladler: das passt doch.

Learning: Jedes Symbol hat seinen Kulturkreis. Und nur weil wir das Symbol nicht verstehen, sollten wir nicht immer gleich das Schlimmste denken und es als Verrat an uns selbst entziffern.

Auch ein Doppeladler: der African Fish Eagle. Den europäischen Fischadler – biologisch gesehen kein echter Adler – würde es in der Schweiz auch geben. Leider wurde er vor hundert Jahren hierzulande als Brutvogel ausgerottet. Allerdings hat er gute Chancen auf eine Rückkehr… wenn wir ihn dann lassen. Daumendrücken!

Learning 2: Plastik ist nicht giftig

Warum das trotzdem nicht Good News sind, werde ich gleich erklären.

Plastik ist seit seiner Entdeckung auf dem Vormarsch. Vor allem in der Nachkriegszeit setzte sein Triumphzug durch die industrielle Landschaft ein. Immer günstiger wurde die Produktion. Immer besser die Produkteigenschaften. Und konkurrenzlos leicht war er erst noch. Leicht zeitverzögert kam der Impact dann auch auf die Umwelt. Seine Eigenschaften machten ihn nämlich zum Überflieger für Einweg-Verpackungen. Wenn Plastik sauber entsorgt wird, dann kann er verbrannt und in Fernwärme umgewandelt werden, ähnlich wie das Hauptrohmaterial Erdöl.

Wenn nicht, dann wird er – je nach Quelle – erst in 400 Jahren oder sogar nie verschwinden. Zwar zerfällt er relativ zügig, aber nur für unsere Augen. In praktisch unsichtbare Nanopartikel aufgelöst, ist er fast überall in unserer Zivilisation vertreten. Auch dort, wo er eigentlich nicht hingehört. 2018 wurde er in grossen Mengen auch in Schweizer Naturschutzgebieten gefunden. Plastik in Unmengen im Meer. Plastik im Essen. Plastik sogar im menschlichen Stuhl. Was könnte man dagegen tun? So einiges. Denn viele Verschmutzungsquellen sind in unserer Hand: Kosmetik, Autoreifenabrieb, synthetische Kleider, Kunstrasen etc. Wir könnten Einweg-Plastik einschränken und Mehrweg-Plastik mit Pfand belegen, andere Autoreifen entwickeln, Kunstrasen verbieten etc. Das Problem ist die für uns fehlende Dringlichkeit. Die Gesundheitlichen Folgen für den Menschen sind bis jetzt nämlich noch nicht geklärt. Weil wir die Konsequenzen nicht am eigenen Leib spüren, ist die Motivation etwas zu ändern darum gering. Anders als bei der Luftverschmutzung oder dem Ozonloch fühlen wir uns (noch) nicht selber bedroht.

Learning: Solange wir nicht unmittelbar direkt vergiftet werden, geschieht nichts. Vermeintliche Good News können aufkommende Desaster verschleiern und damit dringende, nötige Handlungen verhindern.

Learning 3: Nachhaltigkeit macht sich bezahlt

Das Ende der Planwirtschaft war absehbar. Zu sowjetischen Zeiten waren ganze Ämter damit beschäftigt, die nicht erreichten Ziele schön zu reden. Nach der Überwindung des realexistierenden Sozialismus kamen langjährige Pläne in der Wirtschaft deshalb etwas ausser Mode. Verständlich, ist doch agiles Handeln in der bunten, freien Marktwirtschaft das A und O.

Ein strategisches Setup, welches sich nicht nur nach kurzfristigen, taktischen Zielen ausrichtet, schadet aber meiner Meinung nach trotzdem nicht. Auch bei einer kleineren Firma, im Gegenteil. So können auch operative Entscheidungen jeweils durch einen strategischen Filter beurteilt werden. Passt diese Investition auch zu der strategischen Positionierung? Ist es langfristig sinnvoll, auf dieses Geschäftsfeld zu setzen? Ist dies ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, der oder die die Firma auch strategisch weiterbringt?

Ein Weg zum Erstellen einer Strategie kann die Ausrichtung nach nachhaltigen Werten sein. Wir von Valencia Kommunikation haben schon vor vielen Jahren beschlossen, dies zu tun. Wir setzen unsere wirtschaftliche Strategie darum wie ein Dach auf drei Säulen der Nachhaltigkeit.

Die erste Säule ist die der sozialen Nachhaltigkeit. Wir versuchen für unsere Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden einen Ort zu schaffen, der sich modernen gesellschaftlichen Problemen stellt. Wir wollen Mitarbeiter, welche mit uns wachsen wollen. Dafür wollen wir Ihnen auch die Chance geben. Und natürlich wollen wir unseren Mitarbeitern auch emotional ein Zuhause bieten.

In der zweiten Säule, der der ökologischen Nachhaltigkeit, übernehmen wir Verantwortung gegenüber der Umwelt. Wir wollen unseren Beitrag leisten, zur schonenden Verwendung unserer Ressourcen und zum Schutz der Biodiversität. Als eine Massnahme kaufen wir dem bekannten Biobauern Renzo Blumenthal seinen ganzen von ihm produzierten Solar-Strom ab. Valencia ist damit die Schweizer Werbeagentur, welche vollständig von der Sonne betrieben wird.

Wir sind davon überzeugt, dass langfristige Geschäftsbeziehungen darauf beruhen, den Kunden verstehen zu wollen.

Die dritte Säule ist die ökonomische Nachhaltigkeit. Es liegt auf der Hand, dass langfristige Beziehungen zu Kunden lohnender sind, als immer wieder wechselnde. Wir sind davon überzeugt, dass langfristige Geschäftsbeziehungen darauf beruhen, den Kunden verstehen zu wollen. Wir setzen deshalb den Kunden ins Zentrum. Persönliche Eitelkeiten müssen da zurückstehen. Und das ist in einem Business, in dem Ideen im Zentrum stehen, bestimmt nicht immer einfach. Aber bei uns ist es die Basis. Der Kunde muss die erwartete Leistung erhalten, zur bestellten Zeit, zur besten Qualität und zum abgemachten Preis. Dafür muss dieser aber auch stimmen. Unrentable Kunden sind keine Basis für nachhaltiges Geschäften.

Learning: Mit einem eigentlich einfachen Bekenntnis zur Nachhaltigkeit kann man durchaus Erfolg haben. Budgets wie Mondovino von Coop, die WM-Sammelbilder von Panini und die Printgazetten des Unispital Basel sind bei uns platziert worden wegen unserer Art, Geschäfte qualitätsbewusst und kundenorientiert zu betreiben. Nachhaltiges Arbeiten macht sich bereits mittelfristig bezahlt. Das freut.

In diesem Sinne: ein erfolgreiches 2019 euch allen!

1 thought on “3 Dinge, die ich im vergangenen Jahr gelernt habe

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