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Ästheten meinen oft «eine der hässlichsten Farbkombinationen überhaupt»: Rot-Blau. Doch es gibt auch Stimmen, die sagen, dass die Farben Rot und Blau ein schon fast heiliges Bündnis formen und die Farbkombination schlechthin ergeben. Klar, das ist letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Ich selber würde mich als ausgesprochener Befürworter dieser Farbkombination bezeichnen, deshalb möchte ich hier ein kleines Plädoyer anbringen für Rot-Blau.

Art Director

Erstaunlich viele Firmen und auch einige unserer Kunden setzen auf die berüchtigte Farbkombination von Rot und Blau. Zum Beispiel der FC Basel 1893, um den prominentesten zu nennen. Mit einer gewissen Regelmässigkeit taucht in der Kreationsabteilung von Valencia deshalb die Diskussion auf, ob diese Kombination denn nun besonders gelungen oder eben doch ausgesprochen missraten ist.

It’s all about the Vibes

Eine pseudo-wissenschaftliche Betrachtung in Regenbogenfarben

Legen wir für einen Moment die individuelle Empfindung beiseite und betrachten stattdessen Farben und ihre Wirkung auf einer sachlichen Ebene. Interessanterweise liegen Rot und Blau jeweils an den gegenüberliegenden Enden des Farbspektrums, welches das menschliche Auge wahrnehmen kann. Könnte das der Grund sein, dass die Kombination der beiden Farben eine besondere Position einnimmt unter allen möglichen Farbkombinationen? Gibt das simultane Betrachten der Farben Rot und Blau sozusagen schon nur ein optisches Sättigungsgefühl dadurch, dass die beiden Extreme des für uns sichtbaren Lichtes markiert werden, also die volle Bandbreite an Farben (Lichtfrequenzen) dazwischen mitschwingen, ohne dass wir sie explizit sehen? Ein ähnliches Phänomen vielleicht wie bei der Farbkombination von Weiss und Schwarz? Reine Spekulation meinerseits – aber denkbar wär’s doch?

Starke Kombination

Für alle, denen das hier langsam aber sicher doch etwas zu sachlich geworden ist, gerne auch ein kurzer Abstecher ins emotionalere Thema «Farbwirkung» oder Farbpsychologie.
Über die Wirkung und Bedeutung von Rot und Blau sind sich interessanterweise die unzähligen Quellen zum Thema einig. Die betrachten zwar die Einzelfarben und nicht Kombinationen, verlieren deshalb aber nicht an Glaubwürdigkeit. Wie interpretieren wir denn die Farben Rot und Blau? Was assoziieren wir damit?
Aufregend, leidenschaftlich, manchmal aggressiv. Rot ist eine komplizierte Farbe. Sie kann natürlich und organisch wirken – zum Beispiel ein Rotkardinal, der auf einem Ast sitzt, ein glühender Sonnenuntergang oder das reine Rot einer reifen Erdbeere. Auf der anderen Seite kommt sie uns gefährlich, ursprünglich und sexuell vor. Dem gegenüber: Gibt es etwas friedlicheres, beruhigenderes als ein klarblauer Himmel oder ein glitzernder Ozean? Ein beliebteres Kleidungsstück, als die Blue Jeans? Blau ist für uns friedlich, vertrauenswürdig, ehrlich.

Rot vermittelt einen Eindruck von Ernsthaftigkeit und Würde und zugleich von Anmut und Attraktivität.

Johann Wolfgang von Goethe

Rot isch unseri Liebi, Blau die ewigi Treui

Da liegen die FCB Fans goldrichtig. Der «Schlachtruf» der FCB Fans benennt Rot als Liebe, die wohl auch für Leidenschaft steht, und Blau als Treue. Unklar bleibt, ob der FC Basel seine Farben bewusst in Hinsicht auf diese Assoziationen gewählt hat, oder ob der Spruch durch reine Farbinterpretation durch die Fans erst entstanden ist und der Farbwahl dadurch noch mehr Tiefe verleiht. Tatsächlich liess sich der Gestalter des FCB Logos farblich angeblich inspirieren vom Modernismus anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts. Vertreter wie z.B. Gerrit Rietveld und andere setzten sich die Prämisse, mit klaren Primärfarben zu gestalten, wie sich das später auch im typischen Bauhaus-Stil niedergeschlagen hat.

FC Basel 1893 – FC Lugano

[..] Mir gefielen die Clubfarben, das Wappen mit dem Schriftzug war grossartig [..]

Max Küng

Gut gewappnet mit Rot und Blau

Weltweit schmücken sich Firmen, Vereine und Länder sehr gern mit diesem starken Duo. Rot ist eine oft verwendete Farbe auf Nationalflaggen – nicht zuletzt wissen das die Schweizer. Die Zeit bezeichnet Rot sogar als patriotische Farbe. Symbolisch könnte Rot auf Flaggen Macht, Reichtum und sogar Revolution bedeuten. Solche starken Assoziationen werden von Marken durch rote Farbe in ihren Logos repliziert. Rot inspiriert, verbindet und gibt den Verbrauchern Macht.

Blau ist die beliebteste Farbe auf unserem «blauen Planeten», wie Studien zeigten. Und zwar nicht kulturell beschränkt. Blau ist die Lieblingsfarbe über Geschlecht, Kultur, Nationalität, Religion und Alter hinweg. So sehr, dass sich die Wissenschaft fragt, ob das möglicherweise sogar genetisch veranlagt und überhaupt nicht gelernt sein könnte. Die allermeisten Menschen haben also positive Assoziationen zu Blau. Vertrauenswürdig, zuverlässig und stark werden gewöhnlich verwendet, um die Symbolik von Blau zu beschreiben. Werte, die jede Marke gerne für sich beansprucht.

rood-wit-blauw .. bleu, blanc rouge ..

Zugegeben, der Autor ist nicht ganz unvoreingenommen: Als gebürtiger Niederländer liegt mir Rot-Blau natürlich im Blut. Man darf vermuten, dass dieser Umstand auch noch so das Seinige beiträgt an meiner Begeisterung für diese Farbkombination.

Alles rot-blau oder was?

Um Himmels Willen, nur das nicht!

Farben gibt’s ja zum Glück millionenfach. Trotz meines kleinen Lobgesanges auf eine aussergewöhnliche Farbkombination: Es wäre ein tieftrauriger Tag, an dem alles nur noch in rot und blau erscheinen würde. Es ist ja nicht zuletzt auch immer eine Frage des Blickwinkels und der Belange, wie ein bestimmter Sachverhalt beurteilt werden kann. Ich kann mir beispielsweise nur schwer vorstellen, dass Leute ihr Wohnzimmer grossflächig in rot und blau ausgestalten wollen. Doch bei einer Kommunikationsagentur beschäftigen wir uns ja nun im täglichen Umfeld eher weniger mit Innenraum-Gestaltung, und vielmehr mit Fragen der visuellen Kommunikation. An dieser Stelle sei also doch noch auf die Frage des persönlichen Geschmacks eingegangen: Dieser steht jedem zu und bedarf es nicht gross, angefochten zu werden. Es gibt aber durchaus elementare Grundprinzipien in der visuellen Gestaltung, denen wir uns nur schwer entziehen können. Sich diesen Prinzipien bewusst zu sein und sie bestenfalls optimal zweckdienlich einzusetzen, ist in der Kommunikation von entscheidendem Vorteil. Und da hat Rot-Blau – ganz unabhängig vom persönlichen Geschmack oder der eigenen Nationalität – ganz sicher seine Berechtigung.

5 Prinzipien, die Design-Aufgaben leichter machen

  1. Ästhetik

    In Bezug auf Design-Fragen kommt man nicht um die Ästhetik herum. Beim visuellen Gestalten ist ein Designer immer gut beraten, sich an der sinnlichen Wahrnehmung des Menschen zu orientieren und visuelle Kriterien zu berücksichtigen, die unter uns Menschen generell als schön empfunden werden. Dazu gehören Harmonie, Symmetrie, Gesetzmässigkeit, Proportioniertheit, Strukturiertheit, Rhythmus und Klarheit.

  2. Reduktion

    Es ist hilfreich und zielführend, nicht alle Ideen, Möglichkeiten und Einfälle in einer Lösung unterbringen zu wollen. Stattdessen besser zuerst die Ideen zu selektionieren und sich dann bei der Visualisierung jeder einzelnen Idee auf ein paar wenige, aber sorgfältig ausgewählte Komponenten (Farben, Formen, Materialien) zu beschränken.

  3. Eigenständigkeit

    Um im globalen Grossstadt-Dschungel nicht im Einheitsbrei unterzugehen, sondern als etwas oder jemand bestimmtes wahrgenommen zu werden, empfiehlt es sich, sich mit möglichst wenigen, aber klar wiedererkennbaren Merkmale zu schmücken. So hebt man sich von anderen ab.

  4. Stil

    Die Stilfrage sollte unbedingt geklärt werden. Soll etwas ernsthaft wirken oder verspielt? Traditionsverbunden oder visionär? Klassisch oder trendy? Hierbei geht es interessanterweise nun doch wieder um eine Zuordnung – das widerspricht in gewisser Weise dem Verlangen nach Eigenständigkeit. Doch dank der Entscheidung für einen bestimmten Stil ist man wiederum auch besser zu kategorisieren und somit auch erkenntlicher. Und das erst noch mit Stil!

  5. ¡Inspiracion!

    Zu guter Letzt bedarf es immer auch einem Quäntchen oder auch mal einem grossen Quantum an Inspiration! Wo keine Idee oder kein Gedanken erkennbar, fehlt der Spiritus. Gutes Design transportiert ganz nebenbei Charakteristika wie Herkunft, Vision, Haltung oder Überzeugung und inspiriert so die Betrachter.

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